Sturmerprobtes Pärchen in der dänischen Südsee

...oder

die Kunst der Ehezerrüttung auf einer Hansa-Jolle

Reisebericht über einen Törn der Hansa-Jollen-Seglervereinigung in der dänischen Südsee 2006.

Schon beim Auslaufen in Flensburg mit Richtung Ostsee kreuzte uns ein Einhandskipper mit seinem 24 Fuß Fahrtensegler, der beidseitig ein großes Herz an den Bordwänden aufgemalt hatte. In dem Herz stand stolz der Name seines Schiffes geschrieben: "Lady Killer"! Fabelhaft dachte ich, ich hatte das Thema für den diesjährigen Bericht schon gefunden.

Für den Fall, dass Sie zu denen gehören, die sich schon immer wieder die Frage stellen: ".... wie bekomme ich nur meine Frau mit an Bord?" - dann sollten Sie sich genüsslich zurücklehnen und den folgenden Bericht wohlwollend schmunzelnd durchschmökern. Vielleicht gehören Sie jedoch zu den bedauernswerten Zeitgenossen, die ihr Boot als so etwas wie den "persönlichen Bastelkeller" betrachten, in dem Frauen nichts zu suchen haben? Frauen im Bastelkeller machen meist alles durcheinander oder bestenfalls unangemessene Bemerkungen in der Art, dass bei dieser Ordnung nicht einmal ein Hammer zu finden ist, wenn er gerade gebraucht wird. Männer brauchen "Bastelkeller" oder, besser ausgedrückt, besondere ausgewiesene Schutzgebiete wie z.B. ein Segelboot, wo Man(n) sich von dem geplagten Eheleben erholen kann und keine unvorhergesehenen Eingriffe in die männliche "Bastelsphäre" droht. Nun - wenn Ihr Boot zu diesem Artenschutzgebiet für gestresste Männer gehört, überschlagen Sie die Seiten einfach und tun Sie so, als hätten Sie's nicht bemerkt.

Als beruflicher Familientherapeut habe ich mich nicht nur auf das Abenteuer einer Hansa-Jolle eingelassen, sondern verfechte weiterhin tapfer standhaft die feste Überzeugung, dass dieses Vergnügen auch mit dem eigenen angetrauten Weibe zu teilen ist. Dies ist keine altruistische Sichtweise in der Art: "... in guten und in schlechten Zeiten...." sondern mühevolle Affektregulierung unter stürmischen Bedingungen auf meist schwankenden Untergründen. Sicherlich wäre es aus seglerischem Gesichtspunkt spannend, einen normalen Törnbericht mit der Angabe von Positionen, Wetter und Tide zu berichten. Die eheliche Gemeinschaft auf einer Hansa-Jolle ist jedoch auf unserer diesjährigen Geschwaderfahrt ein spannend diskutiertes Thema gewesen. Die Vertreter der jeweiligen Thesen (Bastelkeller versus Traumschiff) waren alle vertreten und so soll hier nun eine kleine humoristische Abhandlung der Standpunkte gesponnen werden. Für den Fall, dass Sie sich schon immer einmal von ihrer Frau trennen wollten, locken Sie sie auf ein kleines enges Segelboot und beginnen Sie mit der "Kunst der Ehezerrüttung", wie wir sie in verschiedenen Häfen der dänischen Südsee beobachten durften.

"Wie schaffen Sie es nur ihre Frau an Bord zu bekommen?" war die verdutzte Fragestellung eines jungen Jollenskippers auf einer Vaurien, den wir in der Dyvik (55°59,4'N 009°41,9'E) kennen lernten. "Als ich meinem Mädel mal das mit dem Boot zeigen wollte, waren es leider 5-6 Beaufort und ich bin dann mit meinem Kumpel in Sichtweite vor der Küste mehrmals gekentert". Kein Wunder, dass unser junger Jollenfreund seit dem seine "Perle" nicht mehr auf das Boot bekommt. Mein mitfühlender Ratschlag war gradlinig und unzweideutig. Entweder schlägst du Dir das Boot aus dem Kopf oder das Mädel - die bekommst du nie wieder auf das Boot - also zumindest nicht für dieses Leben! Dafür braucht man Jahre von geschickter "Desensibilisierung" - so nennen das Psychologen - wenn Frauen sich Flugängste und lautes Kreischen bei Sichtungen von Mäusen oder Ratten abtrainieren möchten. So eine Therapie kostet mitunter ein kleines Vermögen - also ein Boot kann man für so eine Therapie schon gut kaufen und das nicht nur bei Ebay! Der jugendliche Jollenfreund hatte nunmehr die Möglichkeit seine Vaurien zum "Bastelkeller" zu erklären oder einfach zu hoffen, dass er an einen falschen Berater gelangt war, der nicht in der Lage war sein Problem zu lösen.

Führungsstil und Umgang mit eheähnlichen Meutereien.

Sie kennen bestimmt die Männertörns, wo Man(n) mit klaren Anweisungen auch klare Abläufe erreicht. Mehrheitsentscheidungen wie in jedem anständigem Parlament sind mittlerweile in den meisten Familien ein normales Phänomen der gemeinschaftlichen Gepflogenheiten geworden. Diese lustvolle peinigende sprachliche Art der ehelichen Inszenierung führen an Bord zu den spannendsten Momenten. Da sich jedoch die Regelung der entstehenden Sachzwänge eben nicht diskutieren llässt, sondern sie geschehen eben einfach, führt dies dazu, dass sich Paare lustvoll ihrer Wortspiele hinreißen lassen, während das Boot schon als Miniausführung der Titanic halb vollgeschlagen den Abgang in dunkle Tiefen sucht. Das Dilemma liegt in der natürlichen Tatsache, dass z.B. ein Sturm oder Anlegemanöver nun mal nicht abwartet, bis sich die eheliche Kommunikation hinlänglich und zu beiderseitiger Zufriedenheit geklärt hat. Dies führt gerade bei Anfängerpaaren zu einer verwirrenden Kommunikation: "Liebling - ja mein Schatz - (kannst du mal eben) die Fock dichter holen." Jetzt erwartet der Skipper, dass ein "Aye aye" oder "geht klar" meinetwegen auch: "JAWOLL!" folgt. Und was kommt! "Warum mein Schatz?" Als Skipper haben Sie nun schon den Ansatz einer Meuterei an Bord. "Liebling - ja mein Schatz - das heißt nicht 'Warum', sondern - 'Geht klar' oder 'OK'"! Solche und andere linguistische Stilblüten sind bei Anfängerehepaaren ein ganz normales Anfängerstadium bis das System der Schiffsführerschaft in die Paardynamik verinnerlicht ist.

In Glücksburg (54° 50,4' N, 09° 31,5' E) purzelten wir mit drei Hansa- Jollen bei gut 6 Beaufort in den Hafen hinein. Eine Skipperin bot uns mit midleidigem Blick ihre Box für eine Übernachtung an. Wo vorher eine X50 gelegen hatte, lagen nun wir und die Box sah immer noch ziemlich leer aus. Ich hege allerdings den heimlichen Eindruck, das der Vorteil einer 50-Fuß-Yacht aus Sicht einer Frau, die Möglichkeit ist, einfach nur viele diverse Kleider mitzuführen. Der "Kleiderschrank" auf einer Hansa-Jolle besteht bestenfalls aus einem mittleren Seesack. Diskussion hin oder her: "Das kleine Schwarze", die Pömps und der dritte Pyjama müssen leider an Land bleiben. "Jahhaaa mein Liebling - auch der zweite Pyjama muss draußen bleiben am besten nimmst du ein 'Day-and-Nighthemd'" mit. Schnaufende Unzufriedenheit lässt ahnen, dass das Thema noch nicht durch ist.

Das Drama in fünfzehn Akten, bis allein der richtige Schwerwetteranzug gekauft ist, endet meist in der Feststellung einer Frau, das mit dem Schlechtwetteranzug eigentlich fast alles in Ordnung sei, außer, das der so bescheuert geschnitten ist, das sie nun, in diesem Ding, immer einen "Entenarsch" habe. Unterdessen waren ein dutzend entnervter engagierter Fachverkäufer auf der Düsseldorfer Boot Messe in den schieren Wahnsinn getrieben worden, aber der Anzug passte, trotz, oder besser mit dem "Entenarsch".

Anlegemanöver - das ist Beziehungsstress pur - fast so spannend wie eine Diskussion in der Kategorie über eheliches Fremdgehen. In Lyö (55°03,3' N 010°08,7' E), war der Hafen schon ziemlich voll, als ein dickes 30- Fuß-Schiff einen Tick zu schnell auf Legerwall in eine Box einscheren wollte. Die anwesenden Boote einschließlich kompletter Mannschaften hatten sich in Windeseile wie wieselnde Erdhörnchen aus ihren Luken und Löchern in gute Beobachtungspositionen gebracht. Anlegemanöver sind - wie jeder weiß - die Sensation jeder Hafengemeinschaft. Das unverschämte Glück dann noch zu haben, einem jungen Ehepaar beim Anlegemanöver beiwohnen zu dürfen, hatte schon fast etwas voyeuristisches an sich.

Erster Akt, Vorhang auf: "Gespannte Freundlichkeit". Der gütige Gatte mit der Liebenswürdigkeit eines Rauwasserskippers hatte etwas Kreide gegessen und tönte: "Hallo Liebling - Fender raus und machst du die Vorleine klar". "Ja mein Schatz", flötete es mit leichtem unüberhörbarem Zittern in der Stimme, "wo finde ich den die Leine?" "Da vorne in dem Schapp Liebling - du darfst auch etwas schneller sein - das Ufer kommt so schnell auf uns zu." "Ja mein Schatz ich beeile mich ja schon, aber hier ist ein Knoten in dem Seil und den bekomme ich nicht auf Schatz." "Das Ufer, Liebling, - das Ufer!"

Zweiter Akt, Vorhang auf: "Einmarsch der Toreros". Der Motor heult auf - volle Fahrt rückwärts - den Schraubeneffekt nicht berücksichtigt und der Kahn macht kängeruhartig einen Satz auf den Dalben - das Boot touchiert den Dalben - das Publikum ist begeistert. Einige Zuschauer sind schon ganz nervös und kauen auf den Fingernägeln. Eine mitfühlende Skipperin stammelt: "Da kann ich gar nicht hinsehen" und verschwindet unter Deck.

"Liiiieeehiiiiiebling - warum hast du da kein Fender hingehängt?" "Jahhaaa Schaaaahhatz weil ich immer noch mit dem Knoten zu tun habe." Der Touchee hat einen schwärzlichen Abdruck auf dem schneeweißen Rumpf hinterlassen. "Das Seil, das Seil Liebling, schnell das Seil!" "Hier hast du dein Seil SCHATZ!" Unterdessen ist der Pott auch schon touchierend auf dem anderen Dalben gelandet und driftet mit vorausragendem Buggeschirr auf die hölzerne Kaimauer zu. "Liebling, schnell nach vorne, die Kaimauer!" Auf halben Weg bohrt sich das Buggeschirr in die Holzplanken.

Letzter Akt, "Götterdämmerung": "Liebling, warum hast du den Bug nicht abgehal ....." "Ich hasse dieses Schiff, ich hasse diesen Urlaub, und lass mich mit deinen blöden Fendern in Ruhe." Abgang der Xanthippe unter Deck, der Tolpatsch klart auf und befestigt sein ramponiertes Schiff. Das Publikum atmet erleichtert durch und verschwindet schwatzend wieder in den Löchern ihrer Boote - keine Frage - man hat zu Hause wieder etwas zu erzählen.

Die wirklich prickelnden Themen wie Sex mit Maststütze oder WC-Benutzung bei Waschbord, wo das Boot voll auf der Backe liegt, wird dann im fortgeschrittenen Kurs zu behandeln sein. Sollten Sie immer noch zu der "Bastelkellerfraktion" gehören - ein Wichtiges noch zum Schluss. So dämlich Sie auch selbst Sonnenuntergänge finden sollten, jeder noch so farblose Sonnenuntergang sollte gemeinsam mit dem Herzchen im Arm tröpfchenweise genossen werden. Es sei denn, Sie sind in der Kunst der Ehezerrüttung schon so perfekt, dass Sie den auch verschlafen.

Autor: Bendix Landmann



Vorheriger Bericht: 15 Teilnehmer bei der Stadtmeisterschaft der Rheinsegler